Das Jubiläumsjahr

Unsere Historie

Im Jahr 2023 feiert die Gemeinde Hemmingstedt ihr 700-jähriges Bestehen. Das Jubiläumsjahr geht zurück auf die erste schriftliche Erwähnung des Kirchspiels Hemmingstedts in einer Urkunde vom 18. Juli 1323, die den Frieden u. a. mit Graf Gerhard von Holstein besiegelte. Neben anderen Dithmarscher Kirchspielen wird auch Hemmingstedt in dem Dokument erwähnt.

Gleichwohl dürften bereits sehr viel früher Menschen am Hemmingstedter Geestrand gelebt haben.  Die ältesten archäologischen Fundstücke stammen aus der Altsteinzeit. Dauerhaft haben Menschen aber erst ab dem 5., 6. oder 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung im Raum Hemmingstedt gelebt.

Die erste urkundliche Erwähnung

Das Kirchspiel Hemmingstedt wird erstmals 1323 in einem schriftlichen Dokument erwähnt.

Die älteste bekannte Urkunde, die das Kirchspiel Hemmingstedt erwähnt, stammt aus dem Jahr 1323. Die 19,5 cm x 6,6 cm „kleine“ Pergamenturkunde, deren abgehängtes Siegel fehlt, ist sehr verblasst. Sie lagert im Landesarchiv in Schleswig.

Die Übersetzung lautet folgendermaßen:

… Als sie schließlich in einer Zeit der Unbeständigkeit der menschlichen Natur dorthin reisten, bestätigten sie die Taten der Menschen durch einen andauernden Vertrag. Von nun an ist für die Ratsherren und für die Gesamtheit des Kirchspiels Hemmingstedt für alle und jeden Einzelnen die Einigung und der Frieden von dem berühmten Adeligen dem Herrn Erich (…) und dem Herrn Gerhard, dem Grafen von Holstein und seinem Anhang und dem Bistum Schleswig, seinen Vorstehern und Rechtsgelehrten, für unser Dithmarschen beschlossen. So wird durch unsere Gesamtheit gelobt, durch erhabene Treue das Abkommen zu erhalten und dass dieser feste -Beschluss unverwankbar für spätere und heutige Zeiten in unserem Kirchspiel Bestand hat.

Das Siegel ist angehängt. Gegeben in (bei) Meldorf. Im Jahre des Herrn 1323, sechs Tage vor dem Fest Maria Magdalena.

Erich = Vorsteher der Hamburger Bistumsverwaltung

Gerhard, Graf von Holstein, Gerhard V oder der Große hielt seit der Schlacht bei Oldenwöhrden 1317 ständig Frieden mit Dithmarschen.

bis etwa 8000 v. Chr.
Altsteinzeit

Am Kliffrand der Holsteiner Geest westlich von Hemmingstedt sind nomadisierende steinzeitliche Jäger nachzuweisen. Theoretisch könnte der Jäger trockenen Fußes bis England laufen, die Nordsee gibt es noch nicht.  Die Geestkante ist viele tausend Jahre früher während der Saaleeiszeit, etwa 300.000 bis ca. 130.000 v. Chr., entstanden.

etwa 8000 bis 3300 v. Chr.
Mittelsteinzeit

Die Nordsee entsteht durch Abschmelzen des arktischen Inlandseises. Das Wasser reicht jetzt bis an die Geestkante bei Hemmingstedt. Die Marsch gibt es noch nicht. Steinzeitliche Jäger kommen und gehen.

ca. 3300 bis 1700 v. Chr.
Jungsteinzeit

Übergang zu bäuerlicher Kultur. Dauerhafte Besiedelung der Holsteiner Geest durch Menschen. Fund eines Ganggrabes auf dem Gelände der heutigen Raffinerie. Reste davon sind auf dem Neuen Friedhof aufgerichtet worden. Es folgt eine Phase, in der die (mittlerweile ausgemergelte) Geest wieder siedlungsleer ist.

Nach Chr. Geburt
Erste Besiedelung

Die ersten Marschenflächen, entstanden durch Ablagerungen und Sedimente, werden von Menschen besiedelt. 

etwa 375 bis 700 n. Chr.
Herkunft des Ortsnamens

Der Ortsname Hemmingstedt lässt sich (vermutlich) als „Stätte des Hemming“ deuten.

Altsächsische Stämme, vor allem aus dem heutigen Westniedersachsen und den Niederlanden, überqueren die Elbe und lassen sich u.a. in Dithmarschen nieder. Der Ortsname Hemmingstedt wird von Historikern als „Stätte des Hemming“ gedeutet und weist auf eine Besiedelung im 5., 6. oder 7. Jahrhundert hin. Zu diesem Zeitpunkt gibt es noch kein Einzeleigentum, die Bewirtschaftung des Bodens erfolgt im Kollektiv.

804
Sieg der Franken über die nördlich der Elbe siedelnden Sachsenstämme

Unterwerfung der drei großen heidnischen Sachsenstämme nördlich der Elbe und Christianisierung durch Frankenkönig Karl den Großen. Für Hemmingstedt gibt es aus dieser Zeit keinen Nachweis. In den kommenden Jahrhunderten wechseln die Zugehörigkeiten Dithmarschens, das in Dokumenten aus dieser Zeit als „Thiatmaresgaho“ bezeichnet wird, mehrfach. So gehört das Land bis 1144 zum Machtbereich der Stader Grafen und wird 1227 Teil des Erzbistums Bremen. Weil aber die verschiedenen Lehnsherren ihre Macht nie straff ausüben, kann sich eine Art Selbstverwaltung bilden.

12./13. Jahrhundert
Das Kirchspiel Hemmingstedt entsteht

Im 12. und 13. Jahrhundert entstehen aus der „Mutterkirche der Dithmarscher“, der St. Johannis-Kirche in Meldorf, die Kirchspiele mit den beigeordneten Bauernschaften (Dörfer). Der früheste Hinweis einer bäuerlichen Führungsschicht im Kirchspiel Hemmingstedt stammt aus 1316, als ein „Thedo Kaligh de Nerden“ den Frieden mit Hamburg bezeugt. Mit Nerden ist Nehren im Kirchspiel Hemmingstedt gemeint.

1323
Erstmalige Erwähnung des Kirchspiels Hemmingstedt

Die älteste bekannte Urkunde, die das Kirchspiel Hemmingstedt erwähnt, stammt aus dem Jahr 1323. Zum Kirchspiel gehören die Bauernschaften Braaken, Lieth, Lohe und Rickelshof. Hemmingstedt gehört zu den kleineren Kirchspielen.

17.02.1500
Die Schlacht bei Hemmingstedt

Am 17. Februar 1500 schlagen Dithmarscher Bauern die zahlenmäßig weit überlegenen Truppen des dänischen Königs Johann I und seines Bruders Herzog Friedrich von Holstein. Vor der Schlacht versammelten sich die Dithmarscher in Hemmingstedt. Die siegreiche Schlacht bewahrte die faktische Unabhängigkeit der Bauernrepublik Dithmarschen mit seinen Kirchspielen für weitere 59 Jahre.

1500- 1559
Blütezeit der Bauernrepublik Dithmarschen.

Die einflussreichsten Männer des Landes, der Rat der, 48er vertreten das Land nach außen und sind zuständig für die Gerichtsbarkeit. Versammlungsort ist Heide. Aus dem Kirchspiel Hemmingstedt sind mindestens die Herren Clawes Petersen und Schoters Maes im Rat der 48er nachzuweisen.

1518
Kaum fertig wird das Jungfrauenkloster abgebrochen

Nach der siegreichen Schlacht 1500 geloben die Dithmarscher, ein Jungfrauenkloster in Hemmingstedt zu errichten. Es dürfte nicht über den provisorischen Zustand hinaus gegangen sein, denn bereits 1513 wurde der Beschluss gefasst, das Kloster zu verlegen. Trotz der dramatischen Vorgeschichte und obwohl das Kloster bei seiner Gründung reich ausgestattet wurde, entfaltete sich wohl kein geistliches Leben. Es fanden sich nicht einmal die zwölf Jungfrauen, die bereit wären, sich auf Dauer den Ordensregeln zu unterwerfen.

Das Hamburger Domkapitel als geistliche Obrigkeit wandelte die Stiftung 1513 in ein Franziskanerkloster um und verlegt es nach Lunden. Papst Leo X bestätigt die Aufhebung 1517. Im folgenden Jahr werden die unfertigen Gebäude abgebrochen und das Baumaterial an den Ort des neuen Klosters verbracht.
Der geräumige Chor der Hemmingstedter Kirche, der den Nonnen genügend Raum für ihre Stundengebete bot, ist das einzige erhaltene bauliche Zeugnis dieses nur kurzfristig Bestand habenden Klosters.

1556
Erstmals ist für Hemmingstedt ein Pastor nachzuweisen.
Letzte Fehde 1559
Dithmarschen wird dreigeteilt

Dithmarschen verliert seine Unabhängigkeit - und Einheit. In der Folge wird das Land dreigeteilt, wobei Hemmingstedt dem mittleren Teil zugeschlagen wird und damit unter Hoheit des Herzogs von Hadersleben kommt.

1579
Dithmarschen-Kupferstich nach P. Boeckel
Ab 1580 (bis 1867)
Hemmingstedt wird Teil von Süderdithmarschen

Mit dem Ableben von Johann von Hadersleben gehört das Kirchspiel Hemmingstedt und damit die Bauernschaft Hemmingstedt für die kommenden fast 400 Jahren zu Süderdithmarschen - und somit zum Dänischen Königreich. Im Alltagsleben der Menschen spielt dieses Politikum wohl eher eine untergeordnete Rolle. Auch weiterhin haben vor allem die vermögenden Bauernfamilien im Ort das Sagen.  

Den Vorsitz der Bauernschaftsversammlungen führt der Bauernschaftsvorsteher, auch Bauernschaftsgevollmächtigter genannt. Auf Dorfebene sind Fragen des Weg-, Wasser- und Brandwesens zu klären, außerdem die Verwaltung der allgemeinen Weide, der Schulunterricht und die Polizeiaufgaben. Wichtigster Beamter im Kirchspiel ist der Kirchspielsvogt. Er wird in Süderdithmarschen vom Dänischen König aus drei vom Kirchspiel vorgeschlagenen gebürtigen und vermögenden Dithmarschern benannt.

Aus dem Alltagsleben

Wovon leben die Menschen im Hochmittelalter und in der frühen Neuzeit? Überwiegend und vereinfacht ausgedrückt: vom Ertrag des Landes.
Bis ins 19. Jahrhundert bildet die Meentverfassung die Grundlage und den Aufbau auch in der Bauernschaft Hemmingstedt. Die Vollbauern (Hufner) haben das Sagen in allen „öffentlichen“ Angelegenheiten der Gemeinde, sie besitzen eigenes Land und können außerdem die Gemeinschaftsländereien nutzen. Daneben gibt es die sogenannten Käthner (oder Kätner), oftmals nachgeborene Söhne. Schon im 17. Jahrhundert gibt es Dörfer, in denen es mehr Kätner als Hufner gibt. Kätner werden an der Dorfgenossenschaft beteiligt und haben die Nutzungsrechte für Holz, Torf, Lehm, Laub- und Weiderechte an der „Allmende“, dem Gemeinschaftseigentum.

Die Kätner gehören überwiegend zu den Hauptverlierern der sogenannten Verkoppelung: eine Art frühe Agrarreform und zugleich Privatisierung zum Ende des 18. Jahrhunderts. In Dithmarschen wird damit Anfang des 18. Jahrhunderts begonnen. Verkoppelt werden unter den Hofbesitzern u. a. auch Teile der „Allmenden“: Wald, Moor, Heide, Acker- und Weideland.

Auf der einen Seite die Profiteure, auf der anderen Seite die Verlierer. Wirtschaftliche Not und der Wunsch nach einer guten Zukunft veranlassen auch Familien aus Hemmingstedt, über Hamburg nach Amerika auszuwandern.   

1803
Einige Zahlen: Erwerbsquellen in den Bauernschaften Hemmingstedt und Braaken

Hufner mit mindestens 8,5 ha Land (1 Hufe)
Hemmingtedt: 15 Familien (78 Personen)
Braaken: 16 Familien (111 Personen)

Hufner mit Nebenbetrieben (Gastwirtschaften)
Hemmingstedt: 2 (11 Personen)

Hufner auf Verlehnt (Altenteiler)
Braaken: 3 Familien (7 Personen)

Käthner mit Land (sog. Viertel- und Halbhufner)
Hemmingstedt: 23 Familien (112 Personen)
Braaken: 24 Familien (144 Personen)

Käthner mit Land und Nebenerwerb
(Grützmacher, Leinweber, Dachdecker, Tagelöhner u. s. w.)
Hemmingstedt: 12 Familien (59 Personen)

Handwerker/Handel
(Tischler, Schuster, Krüger, Wirte, Händler mit „Galanteriewaren u.s.w.)
Hemmingstedt: 5 Familien (59 Personen)

Käthner ohne Land, die „Kleinen Leute“
(Mieter, Tagelöhner)
Hemmingstedt: 4 Familien (15 Personen)
Braaken: 3 Familien (27 Personen)

Sonstiges
(„Öffentlicher Dienst“: Pastor, Küster, Schulmeister, Kirchspielsvogt, Hebamme)
Hemmingstedt: 3 (22 Personen)
Braaken: 1 (1 Person)

1815
Die große Politik: Holstein wird Teil des Deutschen Bundes

Der Deutsche Bund ist ein Staatenbund, der im Jahr 1815 auf dem „Wiener Kongress“ geschlossen wird. Die neue Ordnung betrifft auch Holstein, vertreten durch den Souverän, den Dänischen König. Der Bund existiert von 1815 bis 1866 und hat bereits bundesstaatliche Züge, besitzt aber keine Staatsgewalt, sondern lediglich nur eine „völkerrechtsvertraglich vermittelte Vereinskompetenz“.
Hintergrund: Unter den vielen neuen politischen Strömungen des 19. Jahrhunderts ist neben dem Wunsch nach Demokratisierung ein stark deutsch-nationalistischer. Ungeachtet der Dänischen Hoheit ist (Franken-)Holstein - und damit Dithmarschen - von alters her Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Gefühlt „deutsch“.

1856
"Schwarzes Gold" in Hemmingstedt-Lieth

Grabstein der Familie Reimers an der Marienkirche. Landmann Reimers war 1856 auf eine teerige Masse gestoßen: der Beginn der Suche nach dem "schwarzen Gold" in Hemmingstedt-Lieth.

1864
Sieg der Preußen über die Dänen

1864 mündet der Konflikt zwischen Dänemark und Preußen sowie Österreich in die Schlacht an den Düppeler Schanzen. In der Folge muss Dänemark u. a. Holstein endgültig abtreten.

1867
Das Herzogtum Holstein wird eine Provinz des Königreichs Preußen.

Mit preußischer Gründlichkeit greift die neue Ordnung in fast sämtliche Bereiche des täglichen Lebens ein. Auf Ebene der Kirchspiele führt jetzt ein beamteter Kirchspielsschreiber die Gemeindegeschäfte.

Die Zustimmung für die preußische Monarchie ist groß in den kommenden Jahrzehnten. Wer es sich leisten kann, zeigt dies auch äußerlich. Zum Beispiel durch das Kleiden von Jungs in Matrosenanzüge. So auch in Hemmingstedt und Braaken. Wilhelm II, Preußenkönig und letzter Deutscher Kaiser, ist für seine übergroße Begeisterung für die Marine bekannt.
1918 mit dem Ende des 1. Weltkrieges ist dies vorbei.

1852
Aus dem Dorfleben: Hemmingstedt bekommt eine Windmühle

1852 wird in Hemmingstedt eine Bockwindmühle gebaut. Doch viele Hemmingstedter lassen weiterhin in der Liether Mühle ihr Getreide mahlen, während Braaker Bauern wegen des kurzen Weges die Hemmingstedter Mühle vorziehen. Bereits 1858 wird diese durch einen Kellerholländer ersetzt.
Nach diversen Inhaberwechseln führt ab 1922 die Müllerfamilie Karstens die Mühle. Der Betrieb wird 1979 eingestellt, die viele Arbeit lohnt sich da schon längst nicht mehr.

Seit 1981 steht die voll funktionstüchtige Windmühle Margaretha unter Denkmalschutz. Sie ist heute im Besitz der Gemeinde.

Wirtschaftliche Entwicklung und Bahnanschluss

Mit den neuen preußischen Machthabern und der stark zunehmenden Industrialisierung beginnt eine neue Ära. Zur allgemein guten wirtschaftlichen Entwicklung trägt nicht zuletzt der Anschluss von Hemmingstedt an die Marschenbahn bei. Vom Bahnhof aus werden landwirtschaftliche Güter und Tiere, auch aus den umliegenden Dörfern, u. a. nach Hamburg transportiert.    

Ca. ab 1921
Anschluss an das Elektrizitätsnetz

Der Schleswig-Holsteinische Elektrizitätsverband bietet Haushalten in Hemmingstedt den Anschluss an das Elektrizitätsnetz an. 

1914-1918 und 1939-1945
Kriegsjahre

Im Irrsinn des ersten und zweiten Weltkriegs lassen auch Ehemänner und Söhne aus Hemmingstedt und Braaken an den verschiedenen Kriegsfronten ihr Leben oder kehren schwer versehrt zurück. Der 2. Weltkrieg bringt Tod und Verwüstung auch ganz direkt in die Dörfer Hemmingstedt und Braaken: Vor allem 1944 und 1945 ist die Raffinerie Ziel für Bombenangriffe der Britischen Luftstreitkräfte. Häuser werden zerstört, Menschen getötet, Kinder um ihre Jugend gebracht.

Die Nationalsozialistische Partei Adolf Hitlers findet Anhänger auch in Hemmingstedt und Braaken. Überhaupt ist der Zuspruch in Dithmarschen groß. Wie Zeitzeugen berichten, gibt es sehr wohl Gegner, die aber keinen nennenswerten Widerstand leisten und ihre Meinung aus Angst öffentlich nicht kundtun.  

Nach dem Kriegsende 1945 stehen Hemmingstedt und Braaken unter Britischer Militärregierung. Erster vom Süderdithmarscher Landrat kommissarisch eingesetzter Bürgermeister in Hemmingstedt ist Johann Dörscher, es folgt noch im gleichen Jahr Heinrich Börger. Im Braaken steht ab Januar 1946 Richard Peters der Gemeinde vor. Die Bürgermeister haben u. a. die Organisation und Unterbringung der Heimatvertriebenen zu organisieren, Sachbezüge zu verteilen und Bezugsscheine auszugeben. Eine Herausforderung ist die Unterbringung der geflüchteten Familien. Man ist nicht wählerisch damals und dankbar überlebt zu haben. Und so dienen ehemalige Flakbunker einigen Familien längere Zeit als Heimstätte. 

1946/1949
Politische Entwicklung

Das heutige Land Schleswig-Holstein geht am 23. August 1946 aus der Provinz Schleswig-Holstein im Freistaat Preußen hervor. Die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland stellt die jüngste Ausprägung des 1871 erstmals begründeten deutschen Nationalstaates dar.

Die Jahre des Aufbaus

Vertriebene und Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten kommen nach 1945 auch in Hemmingstedt und Braaken an und unter. Viele von ihnen lassen sich in den kommenden Jahren hier nieder, bauen ein Häuschen, beispielsweise in der Danziger Straße. In den ersten Jahren wird oftmals noch ein Stall angebaut, in dem ein Schwein gemästet wird.  

Die Raffinerie entwickelt sich mit den Jahren zum wichtigsten Arbeitgeber in der Region. Zugleich geben vor allem kleine Landwirte ihre Landwirtschaft auf, weil sie keine Zukunft für sich sehen. Die Landwirte die bleiben, vergrößern bzw. spezialisieren sich.

Neue Straßen und Häuser werden gebaut. Hemmingstedt und Braaken verändern auf Dauer ihr Aussehen bis hin zum heutigen Ortsbild.   

Hemmingstedt wächst!

Die Raffinerie Heide nimmt nach Kriegsende einen enormen Aufschwung. Nicht nur Hemmingstedtern und Braakern bieten sich gut bezahlte Arbeitsmöglichkeiten, auch zahlreiche Heimatvertriebene aus den ehemaligen Ostgebieten finden eine neue Heimat.

1956
Bau einer neuen, gemeinsamen Schule

Die Zahl der zu unterrichtenden Kinder sprengt die vorhandenen Kapazitäten. Die Hemmingstedter Schule und die Braaker Schule werden zugunsten des Neubaus einer Volksschule bis zur 9. Klasse an der Bahnhofstraße geschlossen. Ein Schulverband wird gegründet, dem sich Lieth anschließt. Aus der Volksschule wird später die Grundschule.  

1956
Kauf des Klärwerksgeländes

Das erste Klärwerk befand sich dort wo heute der Bauhof ist. 1988 wurde ein neues Werk zwischen Hüde und Bauhof in Betrieb genommen. Seither wird es den Anforderungen einer modernen Kläranlage fortwährend angepasst.

1959
1959 Hemmingstedt tritt dem Wasserbeschaffungsverband Süderdithmarschen bei

1972 ist der letzte Hemmingstedter Haushalt an die Frischwasserversorgung angeschlossen.

1960 er Jahre
Straßenbauboom in Hemmingstedt

Die Königsberger Straße und weitere Straßen werden neu gebaut. In der Königsberger Straße erstellt ein Meldorfer Wohnungsbauunternehmen mehrere Wohnblocks.

1961
Die Gemeinde Hemmingstedt übernimmt die Müllabfuhr in eigener Regie

Bis 1970 wurde der Restmüll auf die Hüde gefahren. Ab 1975 übernimmt der Kreis Dithmarschen die Müllabfuhr und überführt diese in die AWD. 

1966
Die Dörfer Hemmingstedt und Braaken vereinen sich

Infolge der Kommunalreform des Landes Schleswig-Holstein schließen sich Hemmingstedt und Braaken zur Gemeinde Hemmingstedt zusammen. Aus zwei Dörfern mit zwei Gemeindevertretungen und zwei Bürgermeistern wird ein Ort.

1969
Einrichtung einer Gemeindebücherei

Die Gemeindebücherei ist zunächst in der Aula Grundschule untergebracht und zieht später in das Schulgebäude am Baakenweg um. Die Bücherei wird noch heute ehrenamtlich betrieben.

1970
Umzug der Gemeindeverwaltung und Gründung des Amtes Kirchspielslandgemeinde Heide-Land

Das Amt Kirchspielslandgemeinde Heide-Land entsteht 1970 infolge einer grundlegenden Gebietsreform. Das Kirchspielsgebäude an der Meldorfer Straße wird aufgegeben (heute Deich- und Hauptsielverband). Als zentralen Punkt entscheidet man sich für einen Neubau in Heide.

Das neue Amt vereinigt den Raum von drei sehr alten kommunalen Gemeinschaften: dem früheren Kirchspiel Hemmingstedt mit den Gemeinden Hemmingstedt, Lieth und Lohe-Rickelshof, dem Kirchspiel Süderwöhrden mit der Gemeinde Wöhrden und dem Ortsteil Ketelsbüttel sowie dem Kirchspiel Nordhastedt mit dem Ortsteil Fiel. 

2008 kommen Weddingstedt sowie die Gemeinde Norderwöhrden des ehemaligen Amtes Kirchspielslandgemeinde Wesselburen hinzu. Der Name lautet jetzt: Amt Kirchspielslandgemeinde Heider Umland.    

1976
Das Freibad wird eröffnet

Das in viel Grün eingebundene Freibad auf Braaker Gebiet wird eröffnet. Dank Fernwärmeversorgung durch die Raffinerie glänzt es als eines der wärmsten Freibäder im Land und ist Anziehungspunkt für jährlich zig tausend Besucherinnen und Besucher.

1980-84
Bau des der Mehrzweckhalle/des Sportzentrums

Als erster Abschnitt der geplanten Mehrzweckhalle neu/des Sportzentrums wurde 1980 der neue Sportplatz fertig. Das Sportzentrum war ob seiner Größe anfänglich nicht unumstritten. Der Erfolg gab den Müttern und Vätern der Sportstätte jedoch recht: Es wird rege genutzt und bekommt ab 2023 einen niegelnagelneuen Anbau für Gastronomie und Veranstaltungen sowie eine moderne Bowlingbahn.

1987
Der Bahnhof Hemmingstedt wird geschlossen

Seither müssen Bahnreisende zu den nächstgelegenen Bahnhöfen in Heide und Meldorf zusteigen. Gute Aussichten: Der neue Nahverkehrsplan des Landes sieht in 2027/28 die Wiederinbetriebnahme des Bahnhofes vor!
Bis in die Abendstunden ist Hemmingstedt mit Heide stündlich durch den Bus verbunden. Eine Verbindung besteht auch nach Meldorf. 

1993
Das Jugendzentrum (JuZe) kommt – und geht

Das JuZe war eine zeitlang in der alten Braaker Schule an der Dorfstraße/Neuen Anlage beheimatet. Das Gebäude wurde später abgebrochen.

1998
Umzug des Kindergartens vom Baakenweg an die Bahnhofstraße

Nach 1998 erfolgten noch zwei Erweiterungsbauten. Aus dem Kindergarten entwickelt sich die integrative Kita Kunterbunt, in der ein kunterbuntes Team die kunterbunten Kinder betreut.

1998
Der Gewerbepark Westküste entsteht

Das Gemeinschaftsprojekt mit der Stadt Heide entwickelt sich zu einem wirtschaftlichen Zentrum an der Westküste. Im Mittelpunkt steht die Auskopplung industrieller Abwärme der Raffinerie Heide. Die Nähe zur Autobahn A 23 erweist sich als Vorzug.

2000-2015
Nach und nach schließen Gaststätten, auch die Lebensmittelversorgung wird aufgegeben

Das Sterben von Gastwirtschaften und Tante-Emma-Läden geht nicht an Hemmingstedt vorbei. Mit dem Sparmarkt endet die Nahversorgung mit Lebensmitteln.

2008
Amt Heider Umland

In diesem Jahr kommen das Amt Weddingstedt sowie die Gemeinde Norderwöhrden aus dem ehemaligen Amt Kirchspielslandgemeinde Wesselburen hinzu. Der Name lautet jetzt: Amt Kirchspielslandgemeinde Heider Umland.    

2022
Hurra … Tante Enso kommt!

Mit dem 24-Stunden (außerhalb der Öffnungszeiten mit der Enso-Card) zugänglichen Mini-Supermarkt Tante Enso sind Lebensmittel wieder in Hemmingstedt zu kaufen.

2022
Die neue Feuerwehrwache ist fertig

Die rund 60 aktiven Feuerwehrfrauen und -männer der Freiwilligen Feuerwehr können die neue Feuerwache in der Bahnhofstraße beziehen.

2022
Heute

Hemmingstedt hat sich verändert, zweifellos. Musste sich verändern. Auch weniger schöne Entwicklungen lassen sich aufzuzeigen, der Verlust mehrerer Gaststätten beispielsweise. Glücklicherweise gibt es mit dem Tante Enso-Markt jetzt wieder eine Nahversorgung.

Generell können die vergangenen Jahrzehnte als gute Jahre für die Gemeinde Hemmingstedt bezeichnet werden. Große Projekte wie der Bau des Sportzentrum und des Schwimmbades wurden realisiert, mehrere Baugebiete erschlossen, vor allem Familien siedeln sich dank der guten Infrastruktur mit Kita und Grundschule sehr gerne in Hemmingstedt an. 

Ein ehrgeiziges Projekt ist die Ausweisung eines Baugebietes mit einem generationsübergreifenden Denkansatz: junges Wohnen in guter Nachbarschaft mit altengerechtem Wohnen.

 Es bleibt spannend.